08.02.2017

Die Digitale Revolution und Arbeit 4.0

Fachartikel für die Fachzeitschrift: IN - Mag. Auszubildende im Einzelhandel

 

Von Manfred Wenzel

 

In den letzten 20 Jahren hat sich nicht nur das Internet grundlegend entwickelt, sondern auch die Informationstechnologie (IT) ist Motor und Wegbegleiter der Wirtschaft. Dabei gibt es mehrere große Trends wie die IT-Automation, Industrie 4.0, Big Data, Mobility, Cloud Computing und Internet der Dinge (Internet of Things = IoT) die unter dem Schlagwort "Digitale Revolution" zusammengefasst werden können. Sie beeinflussen heutzutage nicht nur Geschäftsprozesse, sondern auch Geschäftsmodelle. In Zeiten, in denen Produktionsprozesse vernetzt werden und Maschinen selbststeuernd sind, kann man sich fragen: Ist die digitale Revolution wirklich schon in Deutschland angekommen? Und viel spannender: Welchen Einfluss hat diese Entwicklung auf die tatsächliche Arbeit der Menschen (Arbeit 4.0) und welche neuen Anforderungen werden an die Mitarbeiter gestellt?

 

Was ist die Digitale Revolution?

 

Unter Digitaler Revolution versteht man einen fortlaufenden, in Technologien begründeten Veränderungsprozess, der die gesamte Gesellschaft und insbesondere Unternehmen betrifft. Grundlage der digitalen Revolution sind Technologien, die in einer immer schneller werdenden Abfolge erstellt werden und den Weg für wieder neue Technologien ebnen. Nicht nur herkömmliche IT-Infrastrukturen mit Computer und Netzwerken, sondern alle Geräte, Maschinen, Werkzeuge, Automobile und mobile Endgeräte mit ihren Softwareapplikationen, ihren Apps und ihrer Softwareintelligenz treiben diesen Prozess voran.

 

Bezogen auf die Industrie hat in produzierenden Unternehmen die Automation von Maschinen schon längst Einzug gehalten. Nicht nur, dass Maschinen untereinander kommunizieren, nein, sie geben im Rahmen von Predictive Maintenance auch Auskunft und prognostizieren, wann die Wartung fällig wird und wann Teile vorsorglich ausgetauscht werden müssen. Dazu leiten sie heute schon automatisch Maßnahmen ein, wie zum Beispiel die Bestellung von Ersatzteilen. Der klare Vorteil: wenn Unternehmen drohendes Fehlverhalten oder gar Ausfälle von Maschinen und Systemen anhand von Verhaltensmustern vorhersagen können, werden Maschinenschäden und kostspielige Reparaturprozesse verhindert.

 

In der Automobilindustrie kommen völlig neue Szenarien bereits jetzt schon zum Einsatz: Zum Beispiel könnten Fahrer mittels Apps über die Straßenbeschaffenheit umgehend informiert werden, wenn vorrausfahrende Autos über eingebaute Sensorik zum Beispiel glatte Straßen erkennen. Die Geschwindigkeit und die Fahrweise könnten dann schnell angepasst werden. Aber auch Routenplanung, Reifendruckbestimmung, Vorheizen des Fahrzeugs von einem mobilen Endgerät aus sind heute schon Einsatzmöglichkeiten, die das Zusammenspiel von intelligenten mobilen Apps und der entsprechenden Software in den Fahrzeugen ermöglichen.

 

Was sagen die Verantwortlichen in Unternehmen?

 

"Die Digitalisierung der Wirtschaft nimmt Fahrt auf", sagte Bitkom-Präsident Thorsten Dirks zur Eröffnung der CeBIT 2016 in Hannover. So geben fast zwei Drittel (64 Prozent) der befragten Unternehmen an, dass sich infolge der Digitalisierung ihr Geschäftsmodell verändert. Im Vorjahr waren es noch 55 Prozent. "Inzwischen haben die meisten Manager die Herausforderung erkannt. Jetzt müssen die Unternehmen Tempo machen und den digitalen Wandel aktiv vorantreiben", betonte Dirks. Nach den Ergebnissen der Umfrage nennen 72 Prozent der befragten Geschäftsführer und Vorstände den digitalen Wandel als Herausforderung für ihre Unternehmen - damit ist es das Top-Thema hinter der Sicherung des Fachkräftebedarfs (73 Prozent). Knapp neun von zehn Befragten (88 Prozent) betrachten die Digitalisierung eher als Chance für ihr Unternehmen statt als Risiko (9 Prozent). Lediglich 3 Prozent sagen, dass die Digitalisierung gar keinen Einfluss auf ihr Unternehmen hat.

 

Wie wirkt sich die Digitale Revolution auf die Arbeitswelt aus - Was wird von guten Mitarbeitern heute erwartet?

 

1. Gutes Allgemein-IT-Wissen und übergreifende Kenntnisse

 

Jeder Mitarbeiter muss heute, um in seinen Beruf bestehen zu können, nicht nur Expertenwissen haben, welches seinen Aufgaben entspricht, sondern er benötigt auch gutes IT-Allgemeinwissen, welches auf angrenzende Fachgebiete übergreift. So sollte zum Beispiel ein Administrator nicht nur ein fundiertes Know-How zur Infrastruktur haben, sondern auch im Grundsatz verstehen, welche Softwareprogramme wie angewendet werden. Das heißt er kennt auch die Applikationen, die in seinem IT-Netzwerk laufen. Da Software-Systeme heute keine Insellösungen mehr darstellen und alle miteinander vernetzt sind, werden Kenntnisse über Hardware, Netzwerke sowie Software zwingend erforderlich.

 

2. Mitarbeiter sind Experten auf ihrem Gebiet

 

Jedes große oder mittelständische Unternehmen hat heute sehr spezielle Anforderungen an Mitarbeiter, die meistens nur mit fachlichem Expertenwissen erfüllt werden können. Eine breite und globale Aufstellung reicht nicht aus. Tiefes Fachwissen kommt klar vor globalem und breit aufgestelltem Know-How.

 

3. Kenntnisse der Branche, Prozesse und Abläufe des eigenen Unternehmens

 

Genauso wichtig sind auch umfangreiche Kenntnisse der Branche, in welcher das Unternehmen tätig ist. Abläufe und Prozesse im Unternehmen sollen für den Mitarbeiter stets transparent sein, er muss das Business des Unternehmens verinnerlichen und auch über grundsätzliche gesetzliche Anforderungen, Umweltbedingungen und Trends Bescheid wissen. Nur dann wird die IT und die digitale Welt die Basis für den Erfolg des Unternehmens bilden können.

 

4. Gute Kommunikations- und Präsentationsstärke

 

Da Mitarbeiter heute Projektaufgaben übernehmen, die meistens über mehrere Fachbereiche hinausgehen und häufig auch externe Partner eingebunden sind, ist es zwingend erforderlich, dass auch gute Kommunikations- und Präsentationsfähigkeiten sowie eine gesunde Sozialkompetenz bei jedem Mitarbeiter vorhanden sind. Die so genannten Soft-Skills müssen ausgeprägt sein.

 

5. Kenntnisse im Projektmanagement

 

Auch übernehmen Professionals heute vermehrt Aufgaben im Projektmanagement. Die Organisation von IT-Projekten, zum Beispiel eine Software-Einführung, werden vom Management gefordert. Das Erstellen von Projektplänen, Arbeitspaketen, die Steuerung von Ressourcen und Terminen sowie die Einschätzung von Risiken werden oft als Zusatzqualifikation benötigt. Eine Projektmanagementzertifizierung zum Beispiel vom PMI, IPMA oder der IHK sind hier wertvoll.

 

6. Stetige Weiterentwicklung der eigenen Fähigkeiten

 

Mitarbeiter sollten stets wissenshungrig und neugierig sein. Kontinuierliche neue Entwicklungen in der IT-Landschaft müssen vom Mitarbeiter proaktiv und in Eigeninitiative verfolgt und gelernt werden. Dazu gehört sicher das Lesen von Fachartikeln, die Teilnahme an Weiterbildungen aber auch das Ausprobieren von neuen Verfahren und Techniken. Das setzt ein hohes Maß an privatem Engagement und großem Interesse voraus.

 

7. Vernetztes Denken und crossmediale Prozesse

 

Neben den genannten Skills spielt heute auch die Fähigkeit zum vernetzten Denken eine wichtige Rolle. So sollte auch das Verständnis für crossmediale Prozesse vorhanden sein. Ein Mitarbeiter, der zum Beispiel für ein Unternehmen im Einzelhandel tätig ist, muss genauso Kenntnisse über E-Commerce besitzen, wie über den stationären Handel. Denn Kunden erwarten heute, dass das Einkaufserlebnis über alle Vertriebsschienen hinweg funktioniert. Das betrifft nicht nur den eigentlichen Kauf von Produkten, sondern auch Retouren, Gutschriften, Rabatte, Loyalty Programme, Coupons und so weiter. Die Schlagworte heißen Multichannel und Omnichannel. In der Fertigung ist es ähnlich. Ein Spezialist in der Fertigungs- oder Automobilindustrie sollte nicht nur Kenntnisse über die Mechanik besitzen, sondern auch die Elektronik und in Zukunft auch immer mehr die IT beherrschen. Denken Sie als einfaches Beispiel an die Bremse im Auto. Mechanische Vorgänge lösen elektronische Reaktionen aus, die von Software überwacht und gesteuert werden (zum Beispiel ABS und ESB).

 

8. Betriebswirtschaftliche Kenntnisse in Führungspositionen

 

Abschließend darf nicht unerwähnt bleiben, dass von einer Führungskraft zusätzlich betriebswirtschaftliches Know-How, Personalführungskompetenzen und Fähigkeiten im Vertragsrecht erwartet werden.

 

Fazit: Wie die Zahlen der Bitkom deutlich machen, ist die digitale Revolution in Deutschland angekommen und viele Unternehmen erzielen damit heute schon Wettbewerbsvorteile und einen konkreten finanziellen Nutzen. Auch die Hürden, wie zum Beispiel die Einführung und Nutzung von neuen Systemen mit den einhergehenden organisatorischen Veränderungen im Unternehmen und ihrer Komplexität, sollten in den kommenden Jahren abgebaut werden. Die IT-Branche hat sich zu einem massiven Kandidatenmarkt gewandelt, das heißt die Nachfrage nach guten Mitarbeitern ist weitaus höher als das Angebot. Neue Bewerber wollen heutzutage eine individuelle Beratung und eine persönliche und auf ihre Wünsche und Ziele abgestimmte Begleitung im Bewerbungs- und Karriereprozess. Kandidaten fordern nicht nur ein professionelles Coaching, sondern auch fundiertes Wissen über den zukünftigen Arbeitgeber.

 

Autor:

 

IT-Personalberatung Dr. Dienst & Wenzel GmbH & Co. KG

Manfred Wenzel

Geschäftsführender Gesellschafter